lesBAR
Balsam für die Seele
Texte und Wortprodukte die mir gefallen oder Eindruck gemacht haben. Balsam für die Seele.
Sprache ist ein wunderbares Ding. Was man alles damit machen kann und wie man damit umgehen kann, wenn man es kann, finde ich bemerkenswert und eindrücklich.
Wir sitzen alle in einem Boot
Vor einiger Zeit verabredete eine deutsche Firma ein jährliches Wettrudern gegen eine japanische Firma, das mit einem Achter auf dem Rhein ausgetragen werden sollte. Beide Mannschaften trainierten lange und hart, um ihre höchste Leistungsstufe zu erreichen.
Als der große Tag gekommen war, waren beide Mannschaften topfit, doch die Japaner gewannen mit einem Vorsprung von einem Kilometer. Nach dieser Niederlage war das deutsche Team sehr betroffen und die Moral war auf dem Tiefpunkt.
Das obere Management entschied, daß der Grund für diese vernichtende Niederlage unbedingt herausgefunden werden mußte. Ein Projekt-Team wurde eingesetzt, um das Problem zu untersuchen und um geeignete Abhilfemaßnahmen zu empfehlen. Nach langen Untersuchungen fand man heraus, daß bei den Japanern sieben Leute ruderten und ein Mann steuerte, während im deutschen Team ein Mann ruderte und sieben steuerten.
Das obere Management engagierte sofort eine Beraterfirma, die eine Studie über die Struktur des deutschen Teams anfertigen sollte. Nach einigen Monaten und beträchtlichen Kosten kamen die Berater zu dem Schluß, daß zu viele Leute steuerten und zu wenige ruderten. Um einer weiteren Niederlage gegen die Japaner vorzubeugen, wurde die Teamstruktur geändert.
Es gab jetzt vier Steuerleute, zwei Obersteuerleute, einen Steuerdirektor und einen Ruderer. Außerdem wurde ein Leistungsbewertungssystem eingeführt, um dem Ruderer mehr Ansporn zu geben: „Wir müssen seinen Aufgabenbereich erweitern und ihm mehr Verantwortung geben.“ Im nächsten Jahr gewannen die Japaner mit einem Vorsprung von zwei Kilometern.
Das Management entließ den Ruderer wegen schlechter Leistungen, verkaufte die Ruder und stoppte alle Investitionen für ein neues Boot …
Stufen
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!,
Mai 1941, Hermann Hesse
Nebel
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.
Voll von Freunden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.
Seltsam, Im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
Nov. 1905, Hermann Hesse
In China erzählt man sich folgende Geschichte:
Es war einmal ein alter Mann. Zusammen mit seinem Sohn, der auch schon längst erwachsen geworden war, lebte er in einem kleinen chinesischen Dorf, in keiner großen Ferne zu den Bergen. Der alte Mann war nicht reich, hatte jedoch alles, was man zum Leben brauchte: Eine kleine Hütte mit einer äußerst geringen, aber funktionstüchtigen Ausstattung. Und er besaß ein Pferd, mit dem er ausreiten konnte.
Da ereignete es sich eines Tages, dass das Pferd über Nacht aus der Kuppel ausgebrochen und davon gelaufen war. Als die Dorfgemeinde dies erfahren hatte – das Pferd war das Wertvollste, was er besessen hatte – kamen sie alle zu dem alten Mann und sagten: „Ach, welch großes Unglück über dich gekommen ist.“
Der alte Mann antwortet: „Mag sein.“
Es war noch am selben Abend, als das Pferd zurückkehrte. Es war unversehrt. Ihm aber folgte ein anderes Pferd, ein wunderbar schönes und kräftiges Pferd. Als die Dorfgemeinde dies erfahren hatte, kamen sie alle zu dem alten Mann und sagten: „Ach, welch großes Glück du doch hast.“
Der alte Mann antwortete: „Mag sein.“
Am darauf folgenden Morgen versuchte der Sohn das noch wilde Pferd einzureiten. Bei dem Versuch das Pferd zu zähmen, stürzte er und brach sich ein Bein. Als die Dorfgemeinde dies erfahren hatte, kamen sie alle zu dem alten Mann und sagten: „Ach, welche großes Unglück über dich gekommen ist.“
Der alte Mann antwortete: „Mag sein.“
Die Tage vergingen und der Sohn wurde von seinem Vater liebevoll gepflegt und versorgt. Eines Nachtmittags kamen Soldaten des Kaisers in das Dorf. Sie berichteten, es sei Krieg ausgebrochen und jede Familie müsse einen kriegsfähigen Mann für die kaiserliche Armee stellen. Da der Sohn jedoch noch immer an seiner Verletzung litt, war er von dieser Pflicht befreit. Als die Dorfgemeinde dies erfahren hatte – die meisten Familien mussten einen Sohn oder ihren Vater in den Krieg ziehen lassen – kamen sie alle zu dem alten Mann und sagten:
„Ach, welche großes Glück du doch hast.“
Der Mann antwortete: „Mag sein.“
Über allen Gipfeln
Über allen Gipfeln Ist Ruh,
In allen Wipfeln Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.
Quelle: Johann Wolfgang Goethe
am Abend des 6. Septembers 1780 mit Bleistift an die Holzwand der Jagdaufseherhütte auf dem Kickelhahn bei Ilmenau
Kennen Sie Pablo Picasso mit vollem Namen?
Er lautet:
„Pablo Diego José Santiago Francisco de Paula Juan Nepomuceno Crispín Crispiniano de los Remedios Cipriano de la Santisima Trinidad Ruiz Blasco y Picasso López“
Diese lange Namensgebung hat mit Traditionen in Malaga zu tun und bezieht sich auf Vorfahren in der Familie. (man findet allerdings auch leicht anders
Hier ein music-YouTube Video für die Seele:
Spotgedicht
Dunkel war’s, der Mond schien helle, schneebedeckt die grüne Flur, als ein Auto, blitzeschnelle, langsam um die runde Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft, als ein totgeschoss’ner Hase auf der Sandbank Schlittschuh lief.
Und auf ’ner grünen Bank, die rot angestrichen war, saß ein blondgelockter Jüngling mit kohlrabenschwarzem Haar.
Neben ihm ’ne olle Schrulle, die zählte g’rad‘ mal siebzehn Jahr, in der Hand ’ne Butterstulle, die mit Schmalz bestrichen war.
Droben auf dem Apfelbaume, der sehr süße Birnen trug, hing des Frühlings letzte Pflaume, und an Nüssen noch genug.
Rings herum herrscht tiefes Schweigen, Und mit fürchterlichem Krach, Spielen in des Grases Zweigen Zwei Kamele lautlos Schach
Und zwei Fische liefen munter, Durch das blaue Kornfeld hin, Endlich ging die Sonne unter, Und ein grauer Tag erschien.
Von der regennassen Straße, wirbelte der Staub empor. Und der Junge bei der Hitze, mächtig an den Ohren fror.
Beide Hände in den Taschen. hielt er sich die Augen zu. Denn er konnte nicht ertragen, wie nach Veilchen roch die Kuh.
Holder Engel, süßer Bengel, furchtbar liebes Trampeltier. Du hast Augen wie Sardellen, alle Ochsen gleichen Dir.
Diese traurige Geschichte war so lustig wie noch nie, deshalb heißt’s auf Wiedersehen, bleibe bei mir, oh Marie!.
Dies Gedicht schrieb Wolfgang Goethe, abends in der Morgenröte, während er auf’m Nachttopf saß und seine Morgenzeitung las.
Spotgedicht, dessen historische Quellen eher unbestimmt sind und das in verschiedenen Variationen existiert.